Lebhaft, lustig und manchmal leise

Fast 14 Uhr: Nun stehen auf jedem Tisch eine Vase mit lila Blumen, eine Karaffe mit Wasser, Gläser und eine Schale mit frischen saisonalen Früchten. Es sieht einladend aus. An der Wand hängen verschiedene Zettel. Darauf stehen Wörter wie: «unwahr», «betrügen», «das Vertrauen», «verletzend», «ehrlich» und «lügen». Die brauchen wir später. Aber jetzt geht es los, die Frauen sind da.

Persönliche Geschichten in einem sicheren Rahmen

Der Nachmittag im Freitagscafé beginnt immer gleich. Nämlich mit der folgenden Frage: «Hast du in der letzten Woche etwas Interessantes gemacht oder erlebt?» Dann kommen alle Anwesenden zu Wort und erzählen. Diese erste Runde dauert so lange, wie sie dauert. Je nachdem, wie viele Frauen da sind.

Heute ist ein besonderer Tag, denn heute spricht eine Teilnehmerin das erste Mal. Vorher hat sie in der ersten Runde immer geschwiegen. Nun erzählt sie in kurzen, verständlichen Sätzen von ihrer Woche – alle Anwesenden sind begeistert. «Ab jetzt darfst du nicht mehr schweigen», lachen sie. Normalerweise sind 16 bis 18 Frauen im Freitagscafé, heute sind es fünf. Das sind ungewöhnlich wenige, aber für diese stille Teilnehmerin war vielleicht genau diese kleine Runde eine Chance, das erste Mal zu sprechen.

Nach der Einleitungsrunde erzählt Andrea von einem Artikel über «Lügen», den sie gelesen hat. Die Gruppe schaut sich die Zettel an, die an der Wand hängen. Die Frauen klären unbekannte Wörter. Dann diskutieren sie, zum Beispiel über diese Frage: «Wann hast du das letzte Mal gelogen?». Die Teilnehmerinnen wenden den ihnen zur Verfügung stehenden Wortschatz korrekt an. Sie erzählen persönliche Beispiele, auch Andrea berichtet von persönlichen Erlebnissen. Man merkt: Das Freitagscafé bietet einen intimen, geschützten Rahmen.

Die anwesenden Frauen erzählen, ihre Kolleginnen fragen nach. Es ist ein lockerer Austausch, wie in einem Café unter Bekannten. Es geht um Sorgen um die Kinder beim Schulübertritt und der Berufswahl, um Geschenke, die eine Frau für einen Freund gestrickt hat, um das Lernen auf einen Test im Deutschkurs, um den Unfall, den der Sohn letzte Woche auf dem Spielplatz hatte: «Zum Glück war nichts gebrochen!» Es sind Themen, die wahrscheinlich eine andere Gruppe Frauen zur gleichen Zeit irgendwo in einem Café in der Stadt ebenfalls diskutiert.

Offen für alle, die gerne Deutsch sprechen

Das Freitagscafé ist ein Begegnungsangebot von Aida. Es ist als Ergänzung zu einem Deutschkurs gedacht. Hier steht das freie Sprechen im Vordergrund. Das Freitagscafé ist weniger strukturiert, weniger geleitet als ein Kurs. Die Kursleiterin moderiert, korrigiert wenig, aber sie hilft, wenn Frauen nach Wörtern suchen. Die Frauen mögen das Angebot sehr. «Ich kann hier noch mehr üben, Deutsch zu sprechen. Manchmal kommt das im Kurs zu kurz und in meinem Alltag spreche ich nicht so viel Deutsch. Im Freitagscafé erhalte ich Selbstvertrauen für das Sprechen», sagt eine Teilnehmerin.

Das Freitagscafé ist offen für alle Niveaus. Das wirkt motivierend. So sagt am heutigen Nachmittag eine zweite Teilnehmerin, dass sie in einem Jahr so gut sprechen möchte wie eine andere Frau, die sie aus dem Freitagscafé kennt.

Lebendig und lustig, aber auch nachdenklich und ruhig

Und was mag Andrea am Freitagscafé? Sie sagt: «Mir gefällt, dass die Frauen das Angebot so sehr schätzen. In den zwei Jahren, in denen ich das Freitagscafé zusammen mit Christine leite, sind immer mehr Frauen gekommen. Viele kommen regelmässig, einige bringen Kolleginnen mit. Es ist immer spannend, ich mache es gerne. Es ist stark abhängig davon, welche Frauen am Tag anwesend sind und auch von der Tagesstimmung. Manchmal ist es sehr ruhig. Es gibt auch Freitage, da ist es laut und sehr lustig und der ganze Flur ist voll von unseren Stimmen. So habe ich es am liebsten.»

Aida Freitagscafé: Jeden Freitag von 14.00 bis 15.30 Uhr.
Am letzten Freitag im Monat findet das Erzählcafé statt.
Alle Frauen sind willkommen!
Kinder spielen in dieser Zeit in unserer Kinderbetreuung und lernen ebenfalls Deutsch.