Von der Kursteilnehmerin zur Kursleiterin
Eine Aida-Frauengeschichte
«Eine Sprachschule mit Herz» – das war Zuzana Fabianovàs Wunsch für Aida. 2022 gab sie als ehemalige Kursteilnehmerin ein Interview in der Jubiläumszeitung. Heute, seit Oktober 2023, ist sie Kursleiterin und lebt ihren Traum: anderen Frauen auf ihrem Weg zu helfen. Im Interview erzählt sie, wie sie diesen Schritt erreicht hat.
Zuzana, bei unserem letzten Gespräch hast du bei Kuhn und am Mittagstisch gearbeitet. Was ist alles passiert seitdem?
Ich konnte beim Mittagstisch die Stunden erhöhen und habe bei Kuhn gekündigt. Ich habe die Arbeit bei Kuhn gerne gemacht und war zufrieden. Aber mir fehlte immer etwas, ich wollte unterrichten. Mit Menschen zu arbeiten, ist mein Traumjob, deswegen wurde ich Lehrerein.
Du hast deine Diplome anerkennen lassen. Das ist ein Thema, das viele Kursteilnehmerinnen interessiert. Bitte erzähl uns ein bisschen darüber.
(lacht) Ich habe vergessen oder verdrängt, wie viel es gekostet hat: Zeit, Energie, Geld. Ich habe unzählig viele Telefonate auf Deutsch und Slowakisch geführt, musste meine Schulnoten und Zeugnisse übersetzen lassen, meine Praxiserfahrung bestätigen lassen, die C2-Prüfung bestehen. Ich glaube, vom ersten Dokument, dass ich für das Dossier abgelegt habe, bis zur Anerkennung dauerte es ein Jahr. Nun darf ich hier am Gymnasium Geschichte unterrichten.
Warum hast du dich bei Aida beworben?
Aida ist nicht nur eine Sprachschule, sondern ein Ort, der Geborgenheit vermittelt. Es ist eine Gemeinschaft, in der jede Frau – egal welchen Hintergrunds – sich sicher und wertgeschätzt fühlt. Diesen Wert der Zugehörigkeit habe ich selbst als Kursteilnehmerin erlebt hat und wollte das Gefühl als Kursleiterin weitertragen.
Im Dezember 2021 habe ich mich dann beworben und zunächst eine Absage erhalten. Ein halbes Jahr später fragte mich dann Brigitte Eigenmann (die damalige Geschäftsleiterin) an, ob ich einen Kurs übernehmen wolle. Leider konnte ich die Zeiten nicht mit meiner Arbeit am Mittagstisch und der Betreuung meiner drei Kinder vereinbaren. Im September 2023 kam erneut eine Anfrage und dieses Mal hat alles gepasst.
Vor dem Vorstellungsgespräch hatte ich viel Respekt, auch ein bisschen Angst. Ich brenne für das Unterrichten, aber das sind Erwachsene und ich habe meine Ausbildung in der Slowakei gemacht. Das alles hat mich nervös gemacht. Allerdings denke ich positiv und ich mag die Herausforderung. So hat es nach über einem Jahr doch geklappt. Es war eine freudige Überraschung für mich. Im Oktober 2023 habe ich angefangen und ich bereue es nicht.
Was gefällt dir denn an deiner Arbeit bei Aida am besten?
Ich unterrichte nicht nur Deutsch, ich begleite und unterstütze die Frauen, zeige ihnen, dass es einen Weg gibt. Sicherlich kann ich dabei von meiner eigenen Erfahrung profitieren. Ich verstehe die Herausforderung, die eine Frau hat, die neu in der Schweiz lebt. Ich weiss, was schwer für mich war und kann mich gut in sie hereinfühlen. Gerade Frauen mit Migrationshintergrund haben viele Herausforderungen, wenn sie arbeiten wollen. Haushalt, Kinderbetreuung, Deutsch lernen, eine Arbeit suchen und arbeiten gehen – alles muss organisiert werden. Ich möchte Frauen unterstützen, schneller eine Arbeit zu finden. Denn bei der Arbeit können wir Deutsch sprechen und haben Kontakt mit verschiedenen Menschen. So integrieren wir uns. Ich möchte den Frauen zeigen, dass Aida nicht nur ein Ort ist, um Deutsch zu lernen, sondern eine Brücke zu neuen Möglichkeiten.
Im Interview 2022 hast du über Aida gesagt: «Ich sehe sie weiter als ein Haus voller Freundlichkeit, Offenheit und als eine Institution, die neue Türen für viele Frauen öffnet.» Nun bist du ein Teil von Aida. Hat sich dein Bild geändert?
Auf keinen Fall! Bei Aida fühle ich mich sehr wohl, es ist wie ein Zuhause für mich. Der Umgang untereinander ist sehr respektvoll: Mit der Geschäftsleitung, wir Kursleiterinnen, mit den Kursteilnehmerinnen. Hier treffen ganz unterschiedliche Kulturen aufeinander. Einige Frauen haben viele und grosse Probleme, haben Kriege und Grausamkeiten erlebt und dennoch lachen wir viel zusammen. Das ist wichtig.
Auch wenn Aida nun wächst und immer mehr Frauen kommen, bleibt im Kern diese Atmosphäre. Das ist der grosse Pluspunkt von Aida. Dazu kommt, dass die Kinder während des Deutschkurses betreut sind und ebenfalls Deutsch lernen. Ich kenne sonst keine Deutschschule, bei der das möglich ist.
Welchen Rat möchtest du Frauen geben, die sich in einer ähnlichen Situation wie du befinden?
Dazu fallen mir gleich mehrere Punkte ein, mit denen ich anderen Frauen Mut machen möchte, an sich zu glauben, und ihre Stärken zu nutzen.
Gib nicht auf, auch wenn es schwer ist. Bei mir hat es Jahre gedauert, aber ich hatte ein Ziel, das ich erreichen wollte.
Um dein Ziel zu erreichen, musst du Kompromisse eingehen und am Anfang auch eine Arbeit machen, die dir nicht so gut gefällt. Du musst irgendwo anfangen, Deutsch zu sprechen. Das kann bedeuteten, dass du mit einem PhD in einem Fast-Food-Restaurant arbeitest. Dabei kommst du mit Leuten in Kontakt und kannst Erfahrungen machen.
Sei aktiv und warte nicht still ab, bis etwas passiert. Geh raus, in eine Gemeinschaft, vielleicht einen Verein, eine Krabbelgruppe, eine regelmässige Zusammenkunft. Wichtig ist, dass in dieser Gruppe Deutsch gesprochen wird.
Such dir Vertrauenspersonen. Ich hatte zwei Menschen, die mir mit Informationen und emotionaler Unterstützung geholfen haben: Eine Slowakin, die seit vielen Jahren hier Deutsch unterrichtet, und meine Kursleiterin bei Aida.
Was sind deine nächsten beruflichen Schritte?
Ich muss nun noch den SVEB-Kurs machen. Aida ist EDUQUA-zertifiziert, daher müssen Kursleiterinnen eine Weiterbildung in Erwachsenenbildung haben. Da ich eine pädagogische Ausbildung habe, kann ich wählen, ob ich das SVEB-Zertifikat im Rahmen eines Kurses oder durch eine Gleichwertigkeitsbeurteilung machen möchte. Also muss auch ich weiterlernen, wenn ich meinen Weg weitergehen will. Aber ich fühle mich motiviert und von der Gemeinschaft bei Aida getragen. Ich hoffe, dass jede Frau, die hierherkommt, den Mut findet, ihre eigenen Wege zu gehen – so wie ich es konnte.
Zuzana, vielen Dank für das Gespräch.